Is­lam und re­li­giöse Viel­falt - Mind­sets von Lehrenden in der is­lamis­chen Re­li­gionslehr­er­*innenaus­b­ildung

Die Beschäftigung mit „anderen Religionen“ gehört seit langem zu den Inhalten des schulischen Religionsunterrichts sowie der universitären Religionslehrerausbildung. Innerhalb der christlichen Religionspädagogik haben sich in den letzten Jahrzehnten – schon als Reaktion auf die zunehmende Pluralisierung der Gesellschaft – Konzeptionen entwickelt, wie das interreligiöse Lernen im Religionsunterricht umgesetzt werden kann. In der Hochschuldidaktik gibt es dagegen bislang nur wenige Ansätze, wie Lehrkräfte ausgebildet werden müssen, damit sie – wie vom Lehrplan des bekenntnisgebundenen Religionsunterrichts gefordert – neben inhaltlichen Aspekten wie etwa Menschenbild oder Gottesverständnis in anderen Religionen auch die Bedeutung von Achtung, Respekt und Toleranz gegenüber Anders- oder Nichtgläubigen für ein friedliches Zusammenleben in der Schulpraxis umsetzen können. Diese Anforderungen stellen sich auch an muslimische Lehrkräfte, die in der Minderheitensituation in Deutschland Dialogkompetenzen mehr als andere Lehrkräfte benötigen. Zum einen werden sie in der Schule oft aufgefordert, konstruktiv zusammenzuarbeiten (z.B. interreligiöse Projekte, multireligiöse Schulfeiern, beratende Tätigkeiten bei Konflikten mit muslimischen Schülerinnen und Schülern). Zugleich sollen sie ihren Schülerinnen und Schülern einen sensiblen Umgang mit anderen Religionen und Weltanschauungen im Religionsunterricht vermitteln.

Daher stellt sich für uns die Frage, wie Lehrinhalte zu den „anderen Religionen“ in der universitären Lehre gestaltet werden. Unsere Leitfrage lautet dabei: Inwiefern leistet die universitäre Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern für den IRU einen Beitrag zum reflektierten Zugang zu anderen Religionen und fördert Kompetenzen im Bereich der Dialogfähigkeit?

Die Projektwerkstatt hat das Ziel, zum einen mit Hilfe von Experteninterviews mit den Lehrenden an den Standorten der Islamischen Theologie die Erfahrungen in der Lehre zu nichtmuslimischen Religionen zu erheben. Im Interview werden neben obligatorischen Vorgaben des Curriculums auch Fragen zur inhaltlichen Gestaltung der Lehrveranstaltungen, zur Wahrnehmung von Haltungen der Studierenden zu anderen Religionen sowie zur Methodik und Didaktik gestellt. Zudem sind je nach Absprache mit den Lehrenden Hospitationen in einzelnen Sitzungen vorgesehen, in denen mithilfe von Beobachtungsbögen die Praxis im Umgang mit der Differenz der Religionen in dichten Beschreibungen dokumentiert und interpretiert werden. Der Abschluss der Projektwerkstatt erfolgt mit einem internen Workshop mit allen interviewten Lehrenden, in dem die Ergebnisse vorgestellt, analysiert und bewertet werden, um daraus weitere Forschungsfragen zu formulieren.

Diese Projektwerkstatt, in der zunächst einmal der Status quo der Berücksichtigung anderer Religionen im Lehramtsstudium islamische Religionslehre analysiert wird, stellt einen ersten Schritt dafür dar, um Muslime in ein dialogisches und wechselseitig wertschätzendes Verhältnis zu anderen Religionen einzuladen. Das mittelfristige Ziel ist die Erstellung eines hochschuldidaktischen Konzepts mit Lehr-/Lernarrangements unter der Berücksichtigung der Haltungen der Komparativen Theologie. Wir erhoffen uns hier Wechselwirkungen, die auch christlich theologische und säkulare Bildungsprozesse dialogisch weiterentwickeln. Zudem sehen wir in dem hier beantragten ersten Schritt des Projekts einen direkten Beitrag zur Vernetzung und zum Austausch der Lehrenden des Moduls an den Standorten der Islamischen Theologie.

Die Ergebnisse des Projekts können hier eingesehen werden. Insgesamt entstanden in dem Projekt sechs Beiträge, die in der Zeitschrift „Theo-Web. Zeitschrift für Religionspädagogik 19 (2020)" erschienen sind.

Weitere Informationen hier.

Projektmitwirkende:

  • Dr. Naciye Kamcili-Yildiz (Religionsdidaktik, Institut für Islamische Theologie, Universität Paderborn)
  • Prof. Dr. Oliver Reis (Lehrstuhl für Religionspädagogik unter besonderer Berücksichtigung von Inklusion, Institut für Katholische Theologie, Universität Paderborn)
  • Prof. Dr. Klaus von Stosch (Lehrstuhl für Katholische Theologie unter besonderer Berücksichtigung gesellschaftlicher Herausforderungen, Katholisch-Theologische Fakultät, Universität Bonn)
  • Dr. Sylvia Horsch- Al-Saad (Postdoktorandin, Institut für Islamische Theologie, Universität Osnabrück)

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